Mediation und Coaching - Spielen wir am besten, wenn der Gegner nicht da ist? (Prof. Dr. Gernot Barth, Cordula Söfftge)

Doppelpass

Hinsichtlich eines möglichen Zusammenwirkens von Einzelcoaching und Mediation in Konfliktfällen sehen wir ein weites Feld, dass unserer Erfahrung nach noch nicht in allen „Spielarten“ genutzt wird. Prinzip der nachfolgenden überlegungen ist nach wie vor die Trennung der Rolle von Coach und MediatorIn, d.h. begleite ich eine/n KlientIn als Coach, kann ich in diesem Fall nicht als MediatorIn agieren und vice versa. Verfügt man persönlich über Kompetenzen in beiden Bereichen ist es wichtig, dass den KlientInnen transparent ist, in welcher Rolle man agiert bzw. dass man nur eine der beiden Rollen je Fall einnehmen kann. Denkbar ist die Kombination beider Methoden z.B. Coaching einzelner MediandInnen als Vorbereitung auf eine Mediation. Dies erscheint besonders in Fällen sinnvoll, in denen eine hohe emotionale Betroffenheit auf einer Seite gegeben ist.

Im eher rational ausgerichteten Verfahren der Mediation kann dies zum „Kreiseln“ oder gar Stocken des Prozesses führen. Besonders bei Familienmediationen im Fall einer Trennung findet man diese Situation sehr häufig. Oft ist eine Partei gar nicht zur Mediation bereit bzw. befindet sich in einem früheren Verarbeitungsstadium der Trennung und ist gefühlsmäßig noch zu stark betroffen (i.d.R. gekränkt), um sich dem Finden von Lösungen zu widmen. Die emotionale Stabilisierung könnte gut im Rahmen eines vorbereitenden oder auch begleitenden Coachings bearbeitet werden und damit direkt die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Mediation erhöhen.

Zu diskutieren bleibt in diesem Zusammenhang die Möglichkeit, in einem im deutschen Mediationsraum wenig angewandten Caucus Coaching in die Mediation derart zu integrieren, dass mediative und Coaching-Techniken bzw. das Coaching durch eine Person angewandt werden. „Unser(e) MediatorIn“ würde bildlich gesprochen zu „meinem Coach“ werden und dann wieder zurückkehren. Das Risiko aus der Sicht des Mediationsverfahrens wäre die damit gefährdete Transparenz des Prozesses. Der/ die MediatorIn müßte es gegenüber den MediandInnen zur Bedingung machen, dass alle gewonnenen Informationen wieder in das Verfahren eingebracht werden dürfen.

Ansonsten besteht neben der Verletzung des Transparenzprinzips auch die Gefahr der Verstrickung der MediatorIn. Damit würde sich die MediatorIn in unzulässiger Weise in das Konfliktlösungsverfahren „einbringen“. Um im Bild dieses Artikels zu bleiben, wäre es wie mit einem Schiedsrichter, der in der Halbzeitpause über die finanzielle Notlage eines Fussballvereins bei einer Niederlage informiert wird.

Etwas provozierend möchten wir daher die Argumentation um Coaching und Mediation im Fussballbild schließen. Es ist schwierig und anspruchsvoll, eine Mannschaft auf eine Auseinandersetzung vorzubereiten. Allerdings verkompliziert die Anwesenheit des Gegners nicht das Spiel, sondern diese macht das Fußballspiel als solches erst möglich.

über die Autoren

PD Dr. habil. Gernot Barth Prof. Dr. habil. Gernot Barth, Mediator und Trainer, beschäftigt sich seit 10 Jahren praktisch-mediativ und wissenschaftlich mit dem Thema Konflikt. Sein Mediationsschwerpunkt liegt im inner- und zwischenbetrieblichen Bereich, sowie bei Planungs- und Beteiligungsprozessen im öffentlichen Bereich. Darüber hinaus ist Gernot Barth als Mediator in Familienkonflikten tätig. Er ist Leiter des Steinbeis Beratungszentrum Wirtschaftsmediation und Direktor der Akademie für Soziales und Recht an der Steinbeis-Hochschule Berlin.


Cordula SöfftgeCordula Söfftge ist Diplom-Psychologin (Universität Mannheim; Spezialgebiet: Arbeits- und Organisationspsychologie). Im Bereich Wirtschaft ist sie aktuell als Business Coach, Führungskräftetrainerin, Teamentwicklerin und Mediatorin tätig. Privatpersonen unterstützt sie als Familienmediatorin sowie im Bereich Emotionscoaching. Cordula Söfftge arbeitete 13 Jahre in der Wirtschaft im Bereich Personalwesen und Change Management (Accenture und BMW AG).